Herbert Neidhöfer, homme de lettres*

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»I’m just an old die-hard tables person, as you see – gray, left-justified, no apologies, there have to be dinosaurs or the little kids won’t have nothing to look at in the museum, right?« (Thomas Pynchon, Bleeding Edge, New York 2013, S. 156).

Mein Name ist, nach den betreffenden Dokumenten, Herbert Neidhöfer, ich bin, das ist nach Aktenlage ziemlich sicher, in Kobern an der Mosel geboren, habe, so will es die Erzählung, mich in Mainz und Wiesbaden orientiert, in Hamburg Literaturwissenschaft, Soziologie und Philosophie studiert, dafür gibt es ein Zeugnis, und meine Zeiten in Berlin gehabt. Nun lebe ich, das wiederum ist sicher, an der Westküste.

Und weil es Leute gibt, die glauben, einhundertundachtzig Bilder sagten mehr als tausend Worte …**

** Wohnen im Hotel. – Vorstellung, das Leben sei ein Roman. (Walter Benjamin, Aufzeichnungen 1906-1932; in: Gesammelte Schriften, unter Mitwirkung von Theodor W. Adorno und Gershom Scholem hrsg. v. Ralf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt am Main 1991, Bd. 6: Fragmente gemischten Inhalts, S. 435f.). Die Kapitel dieses Romans heißen Capdepera, Calpe (erster Teil), Benidorm, Calpe (zweiter Teil), Moraira, Valencia, Calpe (dritter Teil), Barcelona, Avignon, Strasbourg, Hildesheim, Dresden, Šwinoujście, Dublin, Cahersiveen, Achterwasser, Port de Sóller, Deià, Μυκήνη, ἡ Μεθάνα, Ἀθῆναι, Markgrafenheide, Cascais, Lisboa, Děčín, Óbidos, Peniche, Rosenhagen, الجيزة, Hiddensee, die Dolomiten, Lido di Jesolo, Mainz, Roma, Graal-Müritz, London, Greenwich, Brighton, Rügen, der Rieselgrund, Πλακιάς, Φαιστός, die Zugspitze, München, l’Odalisque blonde ou Mademoiselle O’Murphy, die Elbe, Dessau, الإسكندرية, القاهرة, سقارة, Böblingen, das Weserbergland, Rheinsberg, Ilsenburg, der Brocken, Φαληράκι Ῥόδος, Koblenz, Kobern, la forteresse d’Ehrenbreitstein, Büsum, Heide, Sankt Peter-Ording, Husum, Warwerort, Palma de Mallorca, la Serra de Tramuntana, los Jardines de Alfabia, 69, Alcúdia, submarino, Glücksburg, die Halbinsel Holnis, Sylt, Friedrichskoog, die schladitzer Bucht, København, zwischen den Meeren, Lübeck, das Watt, Newcastle upon Tyne, Newburn, Heddon on the Wall, East Wallhouse, die Ruinen eines Mitrastempels am Hadrianswall, Sewingshields, Bardon Mill, Vercovicium, Walltown, Gilsland, Walton, Newtown, Carlisle, the Solway Firth, Edinburgh, the Firth of Forth, the Royal Botanic Garden, Westerdeichstrich – Ortsteil Stinteck, Itzehoe, Taormina, Vulcano numero uno: l’Etna, l’isola bella, Cefalù, la rocca, Palermo, … arriver una nave …, Mondello, das Eidersperrwerk, Altona, Tønder, Delitzsch, 96 Rue Jean de La Fontaine Auteuil, Île de la Cité, Jardin des Tuileries, Ten Lizes, Hannover, 63, der Eckerstausee, Wöhrden, die Binnenalster, Brunsbüttel, der Nord-Ostsee-Kanal, Kiel, die Förde, Hochdonn, Rømø, svømmebassinet, Sønderstrand, Lakolk, Kirkeby, an Bord, List, Westerhever, Lexfähre, Rendsburg, Rinkenæshus, Sønderborg, Fynshav, Ærøskøbing, Spodsbjerg, Albuen, Hummingen, Maribo, Nykøbing, Bregninge, Stubbekøbing, Stege, Vordingborg, Ore, Amager, Botanisk Have, Liebethal, Lohmen / Bastei, Flensburg, der BER, Messina, Mt 4.8f. und Lk 4.5ff., Vulcano numero due: Stromboli, Addaura, Senza Titolo (Jannis Kounellis), fermata Cristoforo Colombo – Abate Palmerio dell’autobus linea 603, Catania, Venere su divano verde (Michele Rapisardi), Albersdorf, Laboe, im Schnee, mit dem Fernglas, réalité virtuelle, Norddorf, die Vogelkoje, ein Leit- und Quermarkenfeuer, Buda, Fürdő nő (Károly Lotz) [Hans Köberlins »Milchmädchen«], Pest, Anonymus … (Dancing with Mr. D.), Dohány Utcai Zsinagóga, Fiumei Úti Sírkert, Alagút utca, auf der schönen blauen Donau und Margit-sziget. To be continued!

Cette vie est un hôpital où chaque malade est possédé du désir de changer de lit. Celui-ci voudrait souffrir en face du poêle, et celui-là croit qu’il guérirait à côté de la fenêtre. Il me semble que je serais toujours bien là où je ne suis pas […] N’importe où! n’importe où! pourvu que ce soit hors de monde! (Charles Baudelaire, Any where out of the world. – N’importe o hors du monde; in: Sämtliche Werke / Briefe, hrsg. von Friedhelm Kemp und Claude Pichois in Zusammenarbeit mit Wolfgang Drost, München 1992, Bd. 8: Le Spleen de Paris, XLVIII, S. 292ff.).

Wir lieben unsere Umgebung nie so sehr wie etwas anderes, Fremdes. (Robert Walser, Olgas Erzählung; in: Sämtliche Werke in Einzelausgaben, hrsg. von Jochen Greven, Zürich und Frankfurt am Main 1985, Bd. 16: Träumen, S. 238f.).


* Der homme de lettres erscheint uns heute als eine eher harmlose, abseitige Figur, als sei er in der Tat mit der immer das Komische streifenden des Privatgelehrten gleichzusetzen [] Im Gegensatz zu den späteren Schriftstellern und Literaten, den ›écrivains et littérateurs‹, mit denen sogar der Larousse die hommes de lettres verwechselt, lebten sie zwar in der Welt des geschriebenen und gedruckten Wortes, vor allem auch umgeben von Büchern, waren aber weder gezwungen noch willens, das Schreiben und Lesen berufsmäßig zum Gelderwerb auszuüben. Und im Unterschied zu der Klasse der Intellektuellen, die ihre Dienste entweder dem Staat als Experten, Spezialisten und Beamte oder der Gesellschaft zur Unterhaltung und Belehrung zur Verfügung stellen, haben die hommes de lettres stets danach getrachtet, sich von Staat wie Gesellschaft in Distanz zu halten. Ihre materielle Existenz beruhte auf dem arbeitslosen Einkommen und ihre geistige Haltung auf der entschlossenen Weigerung, sich politisch oder gesellschaftlich einordnen zu lassen. Auf Grund dieser doppelten Unabhängigkeit konnten sie sich die souveräne Verachtung leisten, der die Lebensklugheit La Rochefoucaulds nicht weniger geschuldet ist als die Lebensweisheit Montaignes, die aphoristische Schärfe des Pascalschen Denkens nicht weniger als die Kühnheit und Vorurteilslosigkeit der politischen Reflektionen Montesquieus [] Es war, als ob kurz vor seinem vermutlich endgültigen Verschwinden die Figur des homme de lettres sich noch einmal in der ganzen Fülle ihrer Möglichkeiten zeigen sollte, obwohl oder vielleicht gerade weil ihr die materielle Basis auf eine so katastrophale Weise entzogen war, so da die rein geistige Passion, die diese Figur so liebenswert macht, sich auf eine um so eindringlichere und eindrucksvollere Weise entfalten und bewähren konnte. (Hannah Arendt, Walter Benjamin. II. Die finsteren Zeiten; in: Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, begründet von Joachim Moras und Hans Paeschke, Nr. 239, XXII. Jg., Heft 3, März 1968, S. 215f.).

Am 22. Oktober 1960 gingen Georges [Perec] und Paulette auf dem Standesamt des V. Arrondissements offiziell den Bund der Ehe ein [] Bei der Eintragung des Berufs des Ehegatten ließ der Standesbeamte es sich nicht nehmen, im Verzeichnis anerkannter Berufe zu überprüfen, ob die Angabe des jungen Mannes zulässig war. Der Beruf »Schriftsteller« war tatsächlich nicht aufgeführt, weshalb Perec an jenem Tag zum »homme de lettres« wurde. (David Bellos, Georges Perec. Ein Leben in Wörtern, aus dem Englischen von Sabine Schulz, Zürich 2023, S. 228).